Die geografische Lage im tiefen Taleinschnitt des Roda-Flüsschens lässt die Tälerdorfbewohner bei der Beschreibung ihrer Ortschaften von der Sommer-und der Winterseite sprechen. Auf der westlichen Sommerseite, erhöht über den Häuserzeilen rechts und links des Ufers, erhebt sich die Sankt-Nikolai-Kirche zu Lippersdorf. Eine Kirchenrechnung von 1540 weist den Schutzpatron der Reisenden als Namensgeber aus.
Die Ursprünge der Kirche liegen vermutlich im 12./13. Jahrhundert. Romanische und gotische Details sind erhalten geblieben. Vom ersten Bau haben sich noch die Grundmauern des Chores und der kleine Rest des Rundbogenfrieses an der Ostwand des Turmes erhalten. Die einschiffige, im Kern romanische Kirche, deren querrechteckiger Chorturm etwas in das Bauwerk hineingezogen ist, wurde samt Sakristei um 1630 erbaut. Ihr heutiges Aussehen mit verschiefertem, achteckigem Turmaufsatz, Schweifhaube und Laterne, den regelmäßig angeordneten Fenstern und Portalen stammt aus der Zeit um 1718. 1766 wurde unter Verwendung mittelalterlicher Baureste der Schieferturm aufgesetzt.
Herzliche Einladung zur Einkehr
Der Besucher betritt den mit je einer zweigeschossigen Nord-und Westempore versehenen Kirchenraum von der Südseite her. Eine steinerne Kanzel von 1639, der geschnitzte Flügelaltar, um 1500 von Johann Linde aus Jena geschaffen, ein Altarschrein aus der gleichen Werkstatt sowie die spätgotische Sakramentsnische sind bestimmende Elemente einer reichhaltigen Ausstattung. Bemerkenswert ist auch die Orgel von Christian Ernst Friderici (1709-1780) mit dem Prospekt von Wilhelm Rockstroh aus dem Jahr 1738.
Eine herausragende Kostbarkeit von kunsthistorisch überregionaler Bedeutung ist die so genannte „Bilderbibel“. Es handelt sich um eine aus 55 Bildkartuschen bestehende, handgefertigte Deckenmalerei. Geschaffen wurde sie 1718 vom Ronneburger Künstler Johann Conrad Schöning. Das Kunstwerk versetzt in die Glaubens-und Lebenswelt der Dorfbewohner und erzählt über die Wahrnehmung von Bibel und Theologie jener Zeit.
Mit der Saalkirche im benachbarten Ortsteil Erdmannsdorf verfügt die Kirchgemeinde über ein Kleinod unter den Sakralbauten im Tälerbereich. Sie soll 1627 errichtet worden sein. Aus der Zeit stammt auch die Bretter-Balken-Decke der Kirche. Vermutlich reichen die Ursprünge der Kirche bis ins 13. Jahrhundert zurück, als die Herren von Lobdeburg Erdmannsdorf dem Kloster Roda übereigneten. Seit der Reformation ist der Ort eine Filialgemeinde von Lippersdorf.
Text: Carola Frindert
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